Es beteiligten sich ca. 60 Personen an der Trauermarschaktion für die Opfer der europäischen Flüchtlingspolitik, die gleichzeitig die Stadt Brausnchweig daran erinnerte, dass sie sich als „Sicherer Hafen“ definiert. Das bedeutet, dass sie sich als Stadt bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Gleichzeitig wurde die Stadt aufgefordert, die Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff zu übernehmen. Als Freund*innen der kurdischen Freiheitsbewegung hatten wir Gelegenheit, einen Redebeitrag verlesen zu können. Dieser kann hier nun nachgelesen werden:
„Guten Tag liebe Passant*innen, Kolleg*innen, Freund*innen und Genoss*innen,
wir stehen heute hier in Trauer und in Wut über das nicht enden wollende Morden und sterben lassen an den Grenzen der Europäischen Union.
Täglich sterben Menschen, weil man sie nicht hier haben will und jene, die es doch irgendwie hierher schaffen treffen auf eine eiskalte Politik und Bürokratie sowie eine weitestgehend entsolidarisierte Bevölkerung, die ihnen vor allem eins immer wieder deutlich macht:
dass man sie wieder loswerden will.
Außer sie sind irgendwie für die hiesige Wirtschaft nützlich.
Das Abschiebesystem der Festung Europa wird auch durch die Ampelkoalition konsequent weitergeführt und wird weder ausgebremst noch anderweitig in Frage gestellt.
Auch eine, fälschlicherweise als links oder humanistisch wahrgenommene Partei wie die Grünen, hat hieran nichts geändert oder hat dies vor.
Im Gegenteil hat diese Partei zuletzt am 30. April auf einem kleinen Parteitag in Düsseldorf beschlossen, dass sie dem NATO-Staat Türkei volle Rückendeckung für seinen Vernichtungskrieg gegen die kurdische Befreiungsbewegung gibt.
Dabei benutzen die Grünen exakt den Sprachgebrauch der faschistischen Erdogan-Regierung.
Weder auf dem Parteitag noch anderweitig bspw. durch ihre Jugendorganisation erfolgte hier wahrnehmbarer Widerspruch.
Neben diesem außenpolitischen Signal geht auch im Inneren eine offene Kollaboration mit dem faschistischen AKP-MHP-Regime unter Erdogan einher.
Neben den nicht enden wollenden Verhaftungen vermeintlicher PKK-Funktionär:innen und Verboten von kurdischen Medien, werden nach wie vor Kurd:innen und türkische Oppositionelle an den Folterstaat Türkei ausgeliefert.
Zuletzt traf es den 33-jährigen Muhammed Tunç.
Er ist hier geboren und aufgewachsen und wurde nun in ein Land abgeschoben, dass er nicht kennt und in dem ihn als kurdischen Aktivisten die Repression durch die türkischen Behörden erwartet.
Zuvor traf es Heybet Şener.
Zwar konnte sein erster Abschiebeversuch verhindert werden, einem zweiten musste er sich aber durch Abtauchen entziehen.
An dieser Stelle wünschen wir ihm viel Kraft und Erfolg!
Mögen die Knechte des Kapitals dich nicht kriegen!
Auch Abdulkadir Oğuz soll abgeschoben werden, weil er in der Türkei angeblich nicht politisch verfolgt wäre.
Grundlage für diese und viele andere Abschiebungen sind in den meisten Fällen konstruierte Beweise der türkischen Polizei oder Staatsanwaltschaft.
Selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht in der Türkei keinerlei Grundlage mehr, noch von einem Rechtsstaat reden zu können.
Die Gewaltenteilung existiere nur noch auf dem Papier.
Im letzten Jahr wurden die Kriegshandlungen gegen die kurdischen Gebiete intensiviert.
Es werden chemische Waffen eingesetzt, deren Gebrauch mehrfach dokumentiert und bewiesen werden konnte.
Auch die Bombardierung des seit den 1990er Jahren existierenden Flüchtlinglagers Mexmur im Nordirak gehört zu den Kriegsverbrechen des türkischen NATO-Staats.
Tausende flohen und fliehen vor den Angriffen.
Vielen ist vielleicht noch im Gedächtnis, dass im vergangenen Herbst, mehrere Tausend Geflüchtete durch das polnische Militär daran gehindert wurden, hier als Kriegsflüchtlinge anerkannt zu werden und Schutz zu finden.
Nachdem sie von dem belarussischen Staat als Druckmittel gegen Europa an die polnische Grenze gebracht wurden, wurden sie von Militär und faschistischen Milizen angegriffen und wieder zurückgeprügelt.
Tausende irrten in den Wäldern des Grenzgebiets umher.
Der Bevölkerung wurde unter Strafandrohung verboten, den Menschen zu helfen.
Es sind Menschen in diesen Wäldern erfroren, verhungert, darunter auch Säuglinge.
Viele wurden von Militärs ausgeraubt oder vergewaltigt.
Vor wenigen Wochen nun fanden die Kriegshandlungen eine Steigerung darin, dass die kurdischen Gebiete in Syrien und dem Irak gleichzeitig durch die türkische Armee sowie ihnen unterstehenden islamistischen Söldnern angegriffen wurden.
Am vergangenen Sonntag, dem 1.Mai, stieg nun auch die irakische Armee in diesen Krieg auf türkischer Seite ein und greift die Ezid:innen im Şengal-Gebirge an.
Es sind genau jene Menschen, die 2014 von dem Islamischen Staat angegriffen wurden.
In der Folge verschleppte der IS tausende Frauen und Mädchen.
Bis heute befinden sich noch tausende in den Händen dieser von dem NATO-Staat Türkei aufgebauten islamistischen Terrorbanden.
Die irakische Armee sowie die kurdischen Peshmerga schmissen damals ihre u.a. aus Deutschland gelieferten Waffen kampflos weg, suchten das Weite und überließen die Ezid:innen dem IS.
Erst die Guerrilla der PKK sowie die Milizen der YPG und YPJ konnten diesen Genozid beenden und schlugen den Islamischen Staat zurück.
Heute nun, 8 Jahre später, setzt die irakische Armee offenbar das Werk des IS fort.
An der Seite der türkischen sowie irakischen Armee stehen die Verräter des kurdischen Barzani-Regimes mit ihrer PDK, die sich dem türkischen Faschismus unterwerfen und diesem zuarbeiten.
Engagierte Journalist:innen die mit ihrer Arbeit den Blick der Öffentlichkeit auf diesen Krieg und u.a. auch die dadurch ausgelösten Fluchtbewegungen lenken wollen, werden verhaftet und in Geheimgefängnisse verschleppt.
So erging es vor wenigen Tagen der deutschen Marlene Förster sowie ihrem slowenischen Kollegen Matej.
Das durch die Grüne Außenministerin Baerbock repräsentierte Außenministerium bzw. das auswärtige Amt sind alles andere als engagiert in der Aufklärung über den Verbleib oder die Freilassung der Inhaftierten.
Man könnte auch sagen, es interessiert sie einen Dreck.
Auch der sich hier abspielende Angriff auf die Pressefreiheit, ist ihnen keine Silbe wert.
Das Subventionieren der Türkei mit Milliarden Euro als Sackgasse für Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan wird von der Ampelkoaliton nicht angetastet.
Weder will die Regierung brauchbare Fluchtkorridore schaffen noch will sie an dem Deal mit der Türkei etwas ändern.
Viel mehr nehmen aktuell Abschiebungen nach Afghanistan zu.
Um es nochmal deutlich zu sagen:
es gibt eine aktive Zusammenarbeit der Abschiebebehörden mit den Taliban, um ihnen jene Menschen wieder auszuliefern, die sich zuvor noch vor diesen fundamentalistischen Terroristen retten konnten bzw. vor den Kriegshandlungen der NATO fliehen mussten.
All das Gerede über eine „wertebasierte“ Außenpolitik offenbart nach wenigen Monaten Regierungszeit, was damit gemeint ist.
So bezeichnete die Außenministerin Baerbock die türkische Regierung als einen verlässlichen Partner.
Es gibt also auch unter Regierungsbeteiligung der Grünen eine ungebrochene Kontinuität im Unterstützen und Bewaffnen von und Kollaborieren mit faschistischen Regimen wie dem von Erdogan.
Die Kollaboration bedeutet auch die Kriminalisierung und Verfolgung hierher geflohener demokratischer und feministischer Kräfte und deren Auslieferung an die türkischen Behörden.
Wir empfinden grenzenlose Wut über diese Politik und Trauer um all jene, die dieser Kumpanei zum Opfer fielen.
Aber auch unsere Solidarität mit all jenen, die hier, in Kurdistan, in der Türkei, in der Ukraine, in Russland und überall in der Welt für eine Welt ohne Krieg sowie die Ausplünderung von Mensch und Natur kämpfen ist grenzenlos.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.“
[Ursprüngliche Nachricht vom 4. Mai 2022]
Die Seebrücke Braunschweig ruft für Samstag, den 7. Mai, um 13 Uhr auf dem Rathausplatz zu einem Trauermarsch auf. Das Ziel ist es, die Aufmerksamkeit auf die mörderische Abschottungspolitik der Festung Europa, die maßgeblich auch von der deutschen Politik organisiert wird, zu lenken. Aufgrund dieser Demonstrationsform wird darum gebeten, nach Möglichkeit in schwarz zu erscheinen und auf das Rufen von Parolen zu verzichten. Wir als internationalistische Gruppe schließen uns dem an und rufen ebenso dazu auf, sich zu beteiligen!
Hier der kurze Aufruf von Seebrücke Braunschweig zu der Aktion:
„Das Sterben an Europas Außengrenzen geht weiter!
Diesen Samstag erinnern wir daran mit einem Trauerzug durch die Innenstadt.
Kommt und zeigt eure Solidarität!
Wenn möglich in schwarzer Kleidung. Es wird eine stille Demo. Wir erinnern damit auch die Stadt Braunschweig an ihre Verantwortung: #TatenStattWorte“