[Update] Gedenkkundgebung wegen des Jahrestages der Ermordung von George Floyd am 25. Mai um 18 Uhr am Platz der Deutschen Einheit!

Über 100 Menschen beteiligten sich an der Gedenkkundgebung in Erinnerung an die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten. Darüber hinaus war die Kundgebung Anlass, um auf die auch hier in der BRD stattfindenden rassistischen Polizeimorde aufmerksam zu machen.

Die gemeinsam von den Gruppen AMO- Braunschweig Postkolonial, der Sozialisistischen Jugend- Die Falken und den Freund*innen der kurdischen Freiheitsbewegung organisierte Kundgebung konnte reibungslos durchgeführt werden. Nach dem kurzen Verlesen der Auflagen und der Begrüßung der Teilnehmenden wurde eine Schweigeminute abgehalten. In den folgenden Redebeiträgen wurde durch AMO die Erklärung der Anwält*innen der Angehörigen von Qosay Sadam Khalafverlesen, der im März diesen Jahres in der Folge einer gewaltsamen Festnhame sowie verweigerter medizinischer Hilfe im Polizeigewahrsam ums Leben kam. Die Falken verlasen den Aufruf der Kampagne Halim Dener, der 1996 durch Schüsse in den Rücken durch die Polizei in Hannover ermordet wurde. Als Freund*innen der kurdischen Befreiungsbewegung haben wir den weiter unten stehenden Redebeitrag verlesen. Nach den Redebeiträgen konnte noch an vorbereiteten Porträts von durch die Polizei ermordeten Menschen durch das Ablegen von Blumen und Anzünden von Kerzen gedacht werden. Leider bestand die Polizei darauf, diesen temporären Gedenkort nach Abschluss der Kundgebung wieder zu räumen, so dass hiervon leider nur Bilder in der Erinnerung bleiben werden. Nach knapp einer Stunde wurde die Kundgebung dann beendet.

Hier noch unser Redebeitrag:

1/X

Dies ist die Geschichte einer Gesellschaft die fällt.

Während sie fällt sagt sie, um sich zu beruhigen, immer wieder:

Bis hierher lief’s noch ganz gut.

Bis hierher lief’s noch ganz gut.

Bis hierher…

…lief’s noch ganz gut.

Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung.

Weder Rassismus, die Polizeigewalt noch beides zusammen sind vom Himmel gefallen oder entstehen im luftleeren Raum.

Das, was heute unter dem Begriff Polizei in den verschiedenen Ländern der Welt auf der Straße ist, war nie eine friedliche oder zur Aufklärung von Kriminalität gedachte Institution.

Sie war und ist vor allem ein Instrument, um die besitzlose Klasse unter Kontrolle zu halten, sollte sie aufmüpfig werden.

Auch und gerade die Polizei in der BRD nach 1945 ist hier ein Paradebeispiel.

Obwohl man offiziell von einer sogenannten Entnazifizierung sprach, wurden sämtliche Bereiche von Polizei, Geheimdiensten, Justiz und Militär mit alten Nazikadern aufgebaut.

Der neue Feind von BRD und NATO war auch der alte Feind der Nazis:

die Sowjetunion.

Und diese bekämpft man nicht mit Demokrat:innen, sondern mit Kräften, die bereits ihre Erfahrungen im Kampf gegen Antifaschist:innen und andere machen konnten.

Als bewaffneter Arm der herrschenden Klasse sorgte und sorgt sie in ihren zahlreichen Gliederungen von der Streifenpolizei über das Landes- und Bundeskriminalamt bis hin zu paramilitärisch auftretenden Verbänden wie der Bereitschafts- oder Bundespolizei für die notwendige Ruhe in der bürgerlichen Klassengesellschaft.

Die Polizei agiert dabei nicht unabhängig, sondern führt aus, was durch die Parteien des bürgerlichen Staates zuvor in Gesetze gegossen wurde.

Sie kann so agieren, weil ihr Handeln bis hin zu Diskriminierung, Demütigung, Misshandlung, Folter und Mord weder durch Parteien, Justiz, Medien und große Teile der Gesellschaft in Frage gestellt wird.

2/X

Vielleicht denkt der eine oder die andere jetzt:

Es sind aber nicht alle so!

Das mag sein- ist aber nicht der Punkt.

Denn es geht, wie bereits erwähnt um die strukturelle Verfasstheit dieser Institution, ihren gesetzlichen Auftrag und wie dieser umgesetzt wird.

Dabei ist es unerheblich, ob einzelne ein Problem damit haben, wie sie ihren Job machen müssen.

Es zählt nur, das sie es tun.

Und es zählt, dass sie über den offenen Rassismus, die Nazichats bei Telegram, die Misshandlungen von Inhaftierten und andere Schweinereien ihrer Kolleg:innen schweigen.

Mit dem Wegfall der Sowjetunion ging auch eine Neubestimmung der NATO-Politik einher.

Nach der vermeintlichen Niederlage eines sozialistischen Versuchs musste ein neuer Feind her, mit dessen Bekämpfung man die Jagd nach Rohstoffen und den Zugang zu ihnen, neuen Märkten und Einflusszonen begründen konnte.

Unter dem Begriff der sogenannten Terrorbekämpfung konnten sowohl Kriege gegen andere Länder wie auch der Ausbau der Repression nach innen legitimiert werden.

Im Ergebnis wurden alle Muslime unter Terrorverdacht gestellt.

Rassismus ist weder eine Krankheit, psychologische Auffälligkeit oder der Mangel an Bildung.

Er ist, wie andere Ideologien der Ungleichheit und des Tretens nach unten eben jene Begründung für die Ungleichheit.

Die durch den Kapitalismus produzierten Verhältnisse brauchen Ideologien, um den Ausgebeuteten einzutrichtern, dass es ja normal sei, dass der eine mehr und die andere weniger hat.

Dass die einen Hartz4 beantragen können und andere fliehen müssen, weil sie sonst verhungern.

Denn man kann immer die eine Hälfte der Armen kaufen, um die andere Hälfte umzubringen.

Diese gesellschaftliche Funktion von Rassismus und anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit von Menschen gerät schnell in Vergessenheit, wenn in den Medien über Sensibilisierungstrainings für die Polizei oder andere Behörden gesprochen wird oder rassistische Attentäter zu Psychopathen und Einzeltätern verklärt werden.

Dabei beginnt der Rassismus nicht erst bei Anschlägen von fanatisierten Rassenkrieganhänger:innen, der Mordpraxis des KuKluxKlan oder den Vernichtungslagern der Nazis.

3/X

Es ist das Schweigen, das nicht-ernstnehmen, das Wegsehen, das Verharmlosen, das Relativieren und das nicht-verstehen-können und -wollen, das das Klima erzeugt, in dem diese Morde geschehen können.

Während des Terrors des NSU war immer wieder von sogenannten Dönermorden die Rede.

Niemandem hier muss erklärt werden, dass das nicht nur eine falsche Fährte war, sondern ein bewusst rassistischer Umgang mit den durch diese faschistische Terrorserie Betroffenen und ihren Angehörigen durch die ermittelnde Polizei.

Erst im letzten Jahr ging es durch große Teile der Medienlandschaft, wie verdammt kriminell es angeblich in Shisha-Bars zuginge.

Das Ergebnis dieses durch Pressemitteilungen der Polizei befeuerte Diskurses war der Anschlag von Hanau durch einen Faschisten, bei dem 9 Menschen aus rassistischen Gründen ermordet wurden.

Begünstigt wurde dieser Anschlag, weil Notausgänge nach Ansage der Polizei bereits im Vorfeld verriegelt wurden.

Damit diese bei Razzien leichteres Spiel mit den Gästen der Shisha-Bars habe.

Wir stehen nicht psychologisch auffälligen Einzeltäter:innen oder ungebildeten Pfeifen gegenüber, sondern einem Gesellschaftssystem, das täglich extremen Reichtum bei wenigen durch die Ausbeutung großer Teile der Menschheit in unterschiedlicher Intensität produziert.

Solange diese Gesellschaft so funktioniert, werden weder Rassismus, Nationalismus noch Sexismus und Antisemitismus ein Ende finden, sondern immer wieder in modifizierter Form mit all ihren mörderischen Konsequenzen auftreten.

Erst wenn wir gemeinsam den Kampf um eine an den Bedürfnissen aller Menschen ausgerichteten Gesellschaft aufnehmen und führen, schaffen wir überhaupt erst die Voraussetzungen, in eben jenem Kampf die bestehenden Ungleichheiten aufzuheben und in Zukunft unbedeutend zu machen.

Vielen Dank.

[Ursprüngliche Nachricht vom 22.05.2021]

Am 25. Mai 2020 wurde in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd durch einen Polizisten im Verlauf einer Festnahme ermordet. Beinahe 10 Minuten kniete der Polizist auf dem Hals des wehrlos am Boden liegenden Mannes, der mehrfach deutlich machte, dass er nicht atmen kann. Umstehende filmten diesen Mord. In der Folge kam es in den ganzen USA und auch weltweit zu Demonstrationen gegen rassistische Polizeigewalt und Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht. In Minneapolis wurde das örtliche Polizeirevier von der aufgebrachten Bevölkerung niedergebrannt.

Auch in der Region kam es u.a. in Hannover und Braunschweig zu Kundgebungen, an denen sich tausende beteiligten. Wir wollen diesen rassistischen Polizeimord nicht in Vergessenheit geraten lassen und deutlich machen, dass auch in Deutschland viel zu oft Menschen zu Opfern tödlicher rassistischer Polizeigewalt werden, darüber viel zu oft geschwiegen wird und die Gewalt keine Konsequenzen für die Mörder*innen hat. Daher gilt unser Gedenken  allen Opfern des rassistischen Polizeiterrors- in den USA, in der BRD, in Europa und der ganzen Welt!

Wir rufen gemeinsam mit der Sozialistischen Jugend- Die Falken und AMO- Braunschweig Postkolonial dazu auf, sich an der Kundgebung am 25. Mai 2021 um 18 auf dem Platz der Deutschen Einheit zu beteiligen!

Im Gedenken an George Floy, Oury Jalloh, Amad Ahmad, Christy Schwundek, Halim Dener, Qosay Sadam Khalaf und alle anderen!

Nichts und niemand ist vergessen!