Jahrestag das Genozids durch den Islamischen Staat an den Ezid*innen im Jahr 2014!

Heute vor acht Jahren begann der letzte Genozid an der ezidischen Bevölkerung. Der Islamische Staat (IS) marschierte auf Şengal, die mit deutschen Waffen gegen den IS ausgerüsteten Peshmerga-Einheiten des kurdischen Barzani-Clans der PDK sowie die irakische Armee flohen und überließen die Bevölkerung ihrem Schicksal. Tausende Menschen wurden ermordet, tausende Frauen und Mädchen versklavt und gelten bis heute als verschwunden. Erst das Eingreifen der Guerrilla der PKK und den Volks- und Frauenverteidigungseinheiten der YPG und YPJ schlugen den Islimischen Staat zurück und verhinderten Schlimmeres. Im Folgenden sind hier die Veröffentlichungen des Ezidischen Frauenrats e.V. zu lesen sowie danach die Erklärung der Koordination der Ezidischen Gemeinschaft in Europa.

„DER WIDERSTAND DER FRAUEN IST DAS SINNBILD DER AUTONOMIE ŞENGALS!

Nach der Katastrophe in Şengal geht das Erinnern an den Völkermord an der êzidischen Gemeinschaft, der am 3. August
2014 stattfand, in sein 8. Jahr. In der Geschichte wurde mit vielen Dekreten versucht, die Êziden-Gemeinschaft aus dem Land Kurdistan zu eliminieren. Bei diesen Angriffen wurden schwere Verbrechen begangen. Insbesondere die êzidische Frau wurde immer wieder gezielt angegriffen. Nach offiziellen Angaben wurden bisher 74 Genozide, der letzte am 3.08.2014, von ISIS-Terroristen in Şengal gegen die Gemeinschaft der Êzid*innen verübt, vor den Augen der ganzen Welt. Den Ermittlungen zufolge wurden bei der
Katastrophe mehr als 10.000 Menschen ermordet und tausende Êzid*innen verschleppt. Unter ihnen waren tausende Frauen
und Kinder. Viele von ihnen werden immer noch von IS-Terroristen gefangen gehalten, ihr Schicksal ist unbekannt. Viele von ihnen wurden gewaltsam als Sklavinnen auf Märkten verkauft. Gegen die êzidische Gemeinschaft werden diese Grausamkeiten systematisch ohne Unterbrechung fortgesetzt. Der Zweck dieser Angriffe ist es diese Gemeinschaft zu töten und zu zerstören. Bei diesen Angriffen wurden immer êzidische Frauen ins Visier genommen. Denn Frauen
schützen Existenz, Sprache und Identität und haben eine führende Rolle. Daher verübte der Feind der Menschheit eine große Grausamkeit an der Êzidin und versucht auf diese Weise die gesamte Gemeinschaft zu unterjochen. Aber die êzidische Gemeinschaft beschloss, Widerstand zu leisten und sich in Şengal zu verteidigen. Völkermord-Angriffe, insbesondere durch den türkischen Staat und seine terroristischen Verbündeten IS, gehen jedoch ohne Unterbrechung weiter. Vor allem der irakische Staat und alle internationalen Staaten, aber auch Menschenrechtsinstitutionen schweigen zu diesen Angriffen.

DAS IST STILLE ZUSAMMENARBEIT.- DIESES SCHWEIGEN BEDEUTET ZUSTIMMUNG.

Als Reaktion auf diese Angriffe auf Şengal haben êzidische Frauen und die gesamte êzidische Gemeinschaft das demokratische Autonomiesystem als Grundlage für sich genommen und sich auf dieser Grundlage organisiert. Sie bauten Ihre eigenen Institutionen und Verwaltungen auf. Dies stellte vor allem für die türkische Regierung einen Dorn im Auge dar, weshalb er immer wieder Şengal mittels Drohnen bombardieren ließ und es auch heute noch tut. Viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Vertreter*innen der demokratischen Autonomie von Şengal wurden getötet. Zivilisten werden auch noch heute getötet und verletzt. Der türkische Staat bombardiert und zerstört gezielt öffentliche Institutionen, wie das Gebäude der Volksversammlung in Sinunu und Khanesor, das Krankenhaus von Sikeniye. Der Diktatorische Erdoğan ist NATO-Mitglied und ein Verbündeter der IS-Terroristen. Er will sich in Şengal rächen. Diese Gesetzlosigkeit, diese Brutalität, dieser Völkermord an der Êzid*innen findet vor den Augen der Öffentlichkeit statt. Nicht die Regierung des Irak, nicht die Region Kurdistan, nicht die Vereinten Nationen und die USA äußerten sich diesbezüglich. Das ist inakzeptabel. Natürlich betrachten wir die Anerkennung des Völkermords an der êzidischen Gemeinschaft durch Armenien, die Niederlande, Belgien, Katalonien und den deutschen Staat als positiven Schritt. Aber das reicht noch lange nicht aus die Geschehnisse in Şengal aufzuarbeiten, die Verbrechen an der êzidischen Bevölkerung aufzuarbeiten.
Deshalb sagen wir als êzîdîsche Frauen in Europa, dass es notwendig ist, dass die Vereinten Nationen, alle Organisationen, die die Menschenrechte schützen, Frauenorganisationen und die gesamte öffentliche Meinung, unverzüglich zu ihren Pflichten und ihrer Verantwortungen für Şengal stehen. Schweigen Sie nicht zum Völkermord und Frauenmord. Schweigen bedeutet Zuspruch.
Wir rufen die Öffentlichkeit auf und verlangen, klar Stellung zu beziehen. Was auch immer der Vatikan für den
christlichen Glauben bedeutet, Şengal hat die gleiche Bedeutung für den êzidischen Glauben, diese Punkte sollten
sofort betont und die Forderungen der Êzid*innen akzeptiert werden.

Wir Fordern;
• – Der Völkermord an der êzidischen Gemeinschaft muss in der internationalen Öffentlichkeit anerkannt
werden, und mit dieser Anerkennung muss dem türkischen Staat und seinem Komplizen ISIS eine klare
Haltung gezeigt werden.
• Der autonome Status von Şengal sollte anerkannt und dieser Status geschützt werden.
• Der Luft- und Landraum über Şengal muss sofort für Drohnen des türkischen Besatzungsstaates gesperrt
werden.
• Die Täter und Verantwortlichen für den Völkermord an den Êzid*innen sollten zur Rechenschaft gezogen
und vor dem internationalen Gericht strafrechtlich verfolgt werden.
• Für den Wiederaufbau von Şengal sollte die notwendige humanitäre Hilfe geleistet werden, damit unser
Volk aus den Lagern und der Immigration in seine Orte und Länder zurückkehren kann.
Wir erinnern uns mit Respekt an die Gefallenen und de Opfern dieser Genozid und sagen; Es lebe die Autonomie
in Shengal.- Es lebe der Kampf der Frau.

Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V.“

 

DIE BESTE ANTWORT AUF DEN VÖLKERMORD
IST DIE SELBSTVERWALTUNG SELBSTVERTEIDIGUNG FÜR DIE ÊZÎDEN!
Der Völkermord an den Ezid:innen jährt sich zum achten Mal und zwar immer noch ohne einen sicheren Status für Shengal. Die Angriffe der Türkei gehen ununterbrochen weiter – auch mittels Abkommen der türkischen Regierung mit der Barzani-Clique und der irakischen Regierung. Trotz all diesem Gegenwind hält die ezidische Gemeinschaft an ihrer Praxis der Selbstverwaltung und
Selbstverteidigung unnachgiebig fest. Tausende Ezidinnen wurden entführt, versklavt und ermordet. Hundert Tausende haben ihre Heimat verlassen müssen und leben immer noch unter miserablen Umständen in den Flüchtlingslagern. Die Völkergemeinschaft ist ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden und hat
nicht dazu beigetragen, dass der Schutz und Status für die Ezid:innen im vorderen Osten per irakischer Verfassung sichergestellt ist. Insofern kann hier ohne weiteres von der Mitverantwortung der Völkergemeinschaft an dem gefährlichen und katastrophalen Status Quo der Ezid:innen gesprochen werden.
Die demokratischen Strukturen in der Gesellschaft auf dem Shingal-Gebirge und die mühsam aufgebauten Institutionen werden durch die Luftangriffe der faschistischen Regierung der Türkei regelrecht
zerbombt. Mehrere führende Persönlichkeiten der Ezid:innen, die von Beginn an bei der Organisierung, Selbstverwaltung und Selbstverteidigung prägend mitgewirkt haben, wurden bei gezielten Angriffen der Türkei ermordet. Die Ezid:innen werden jedoch niemals von ihrem Ziel eines aufrechten Lebens in einer
demokratisch strukturierten Selbstverwaltung Abstand nehmen. Denn das Aufgeben dieser Zielsetzung ist gleichbedeutend mit dem Vollzug der IS-Strategie, und wird den Untergang der gesamten ezidischen Gemeinschaft zur Folge haben.
An dieser Stelle wollen wir nochmals an die einflussreichen Akteure in der Region an ihre Mitverantwortung erinnern aber insbesondere an die demokratische Weltöffentlichkeit appellieren, dass sie den
Kampf der Ezid:innen für ihre Freiheit voll und ganz unterstützen. Die ezidische Glaubensgemeinschaft fordert nicht mehr als das, was ihr zusteht. Sie verlangt eine verfassungsrechtliche Gleichstellung und politische Selbstverwaltung. Hiervon bleibt zweifelsohne die territoriale Integrität des irakischen Staates unberührt.

Unsere Forderungen wollen wir abermals wie folgt unterstreichen:

– Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung
– Anerkennung der aufgebauten Selbstverteidigungsstrukturen
– Wiederaufbau für Shingal
– Aufhebung jeglicher Reglementierungen durch die Barzani-Clique gegenüber den ezidischen
Flüchlingen in Bezug auf deren Rückkehrbestrebungen nach Shingal“