[UPDATE] Wie können uns die Reichen nicht mehr leisten: Demonstration am 21. August in Braunschweig!

Am 21. August versammelten sich ca. 80 Demonstrant:innen auf dem Schloßplatz in Braunschweig und forderten u.a. mit dem Ruf nach Umverteilung und Enteignung eine Einbeziehung der Reichen in das Tragen der Krisenkosten. Die Realität der Regierungspolitik ist bisher davon geprägt, die Kosten dieser Krise wie auch vorangegangener Kriseneinbrüche, durch Einsparungen in den Sozialausgaben, Kurzarbeit, etc. auf den Schultern von Erwerbslosen und Arbeiter:innen abzuwälzen. Die Demonstrant*innen waren Teil eines bundesweiten Aktionstages von Wer hat der gibt, an dem sich bundesweit mehrere tausend Menschen beteiligten.

Wir bedanken uns bei den Organisator*innen für die Vorbereitung und allen Anwesenden für ihre Teilnahme. Wir hatten die Gelegenheit, auf der Abschlusskundgebung einen Redebeitrag zu halten. Diesen gibt´s hier nochmal zum Nachlesen:

„Liebe Kolleg*innen, Freund*innen, Mitstreiter*innen und Genoss*innen,

das zerstörerische Potential des Kapitalismus wird uns jeden Tag ein Stück mehr vor Augen geführt.

Der Umgang der bürgerlichen Politik mit der Coronapandemie war und ist ausschließlich davon geprägt, wie die kapitalistische Verwertung weiter aufrechterhalten werden kann.

Supermarktketten, der Online-Handel, hier allen voran Amazon, und andere haben ihre Profite in den letzten eineinhalb Jahren vervielfachen können.

Gleichzeitig ändert sich an der Steuerlast dieser Privatunternehmen nichts- im Gegenteil, konnten von der vermeintlichen Pleite bedrohte Unternehmen mit Milliarden an Steuergeldern gestützt werden.

Über Rückzahlungen ist bisher nichts bekannt.

Kleinere Betriebe oder die Kulturbranche wurden und werden weitestgehend sich selbst überlassen.

Und auch die Ausgaben für die Kriegsvorbereitung sind 2020 nochmal gestiegen und es zeichnet sich ab, dass sie in diesem Jahr erneut übertroffen werden.

Diese Kosten und Ausgaben sollen auch wieder reingeholt bzw. eingespart werden- nur eben nicht bei denen, die´s haben, sondern bei uns.

Auf der Wunschliste der Unternehmer*innen und ihrer Knechte in der Politik steht bspw. die Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Auch das Kassieren des Mietendeckels in Berlin ist in diesem Zusammenhang zu sehen.

Solidarische und kämpferische Grüße gehen an dieser Stelle an die Initiative Deutsche Wohnen enteignen!

Ebenso der Versuch des Staates in den Tarifrunden bei Bund, Kommunen und Ländern die Entgeltstruktur so zu verändern, dass die Beschäftigten am Ende weniger verdienen ist Teil dieses Klassenkampfes von oben.

Wenn also im kommenden Herbst die Tarifrunde der Länder ansteht, dann lasst uns gemeinsam diesen Angriff durch unsere Streikbereitschaft zurückschlagen!

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, zeigen die Wahlprogramme der bürgerlichen Parteien, dass sie die Kostenlast der Coronakrise auf die unteren Einkommensschichten der lohnabhängigen Klasse abwälzen wollen.

Gleichzeitig soll es weitere Steuerentlastungen für Reiche und Konzerne geben.

Auch der Umgang mit der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch den kapitalismusgemachten Klimawandel unterliegt ausschließlich dem Denken, wie dieser Umgang denn marktfreundlich gestaltet werden kann.

Der Umgang bürgerlicher Parteien wie der CDU mit den Folgen des Klimawandels vor der eigenen Haustür beweist, dass sie am Ende tatsächlich noch versuchen würden, Kohle und Geldscheine zu fressen, bevor sie einsehen, dass der Markt eben nicht alles zum Wohle aller regelt.

Die kapitalistische Moderne und ihr Mantra des grenzenlosen Wachstums neigen sich dem Ende.

Dieses sich abzeichnende Ende bedeutet aber nicht zwingend die Befreiung der Menschheit.

Darauf müssen wir selber bewusst hinarbeiten, denn ebenso ist der Untergang der Menschheit möglich.

Zum Mantra des grenzenlosen Wachstums gehören ebenso der Wettbewerb und die Konkurrenz.

Sie führen dazu, dass die Herrschenden der Welt auch vor dem Eindruck brennender Wälder, überfluteter Landstriche, schwerer Stürme und zahlloser anderer Verwerfungen, die uns dieses System gebracht hat, sich weiter um das letzte zu verbrennende Öl und die letzte Kohle prügeln und uns in ihren Kriegen darum gleich mit verheizen.

Das aktuelle Geschehen in Afghanistan, wie es zu der Invasion durch die NATO kam, wie dieser Krieg geführt und nun beendet wurde, beweist genau das.

Es liegt einzig an uns, diese Dynamik zu brechen und dafür zu sorgen, dass dieses System in seinem Kampf um das eigene Funktionieren nicht weiter die ganze Welt in Brand setzt und uns in seinem Todeskampf mitreißt.

Auch wenn dieses System zumindest aber eine Phase dieses Systems sein Ende zu finden scheinen, sind solche Entwicklungen in der Geschichte der Menschheit nie friedlich abgelaufen.

Immer klammerten sich die Herrschenden an ihre Macht und waren und sind bereit, die Welt in Flammen aufgehen zu lassen, bevor sie freiwillig und zum Wohle aller ihre Privilegien aufgeben.

Immer mussten die Reichen, die Mächtigen, die herrschenden Klassen durch uns dazu gezwungen werden.

Und wir werden sie zwingen- mit aller Gewalt, die dazu notwendig sein wird.

Wenn wir also heute hier stehen, um die Reichen zur Kasse zu zwingen, dann ist das nur ein erster Schritt.

Denn Umverteilung alleine reicht nicht.

Wir müssen die Art, was, warum, von wem, auf welche Weise und zu welchem Zweck produziert wird in Frage stellen.

Wir stellen ihrem System der Ausbeutung, dass auf der ganzen Welt nur noch mit Autoritarismus, Polizeigewalt und Krieg aufrechterhalten wird, unsere Vision einer Welt ohne Grenzen und Klassen, ohne Ausbeutung und Unterdrückung entgegen.

Wir wollen nicht nur ein größeres Stück vom Kuchen oder das Rezept ändern- wir wollen die ganze Bäckerei übernehmen!

Während in der kapitalistischen Moderne Milliarden für die Profite weniger schuften und sterben, stellen wir diesem Elend die Perspektive einer Gesellschaft entgegen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und hierfür nicht den Planeten bis auf´s Letzte ausplündert.

Abdullah Öcalan und mit ihm die kurdische Freiheitsbewegung haben mit der Entwicklung und Anwendung des demokratischen Konföderalismus eine moderne und für die Region des sogenannten Nahen Ostens dieser Perspektive eine Form gegeben.

Sie war und ist auch nach mehreren Monaten schwerster Angriffe durch die zweitgrößte NATO-Armee inklusive des Einsatzes von Giftgas, ein Bezugspunkt für die kurdische Bevölkerung und weit darüber hinaus.

Auch die gerade jetzt anhaltenden Bombardierung eines Krankenhauses und weiterer Ziele im Sengal durch den erklärten Taliban-Freund Erdogan werde daran nichts ändern.

Nutzen wir die Kämpfe der kurdischen Freiheitsbewegung als Bezugspunkt und Inspiration, lernen wir, was sie für uns hier in den urbanen Zentren des Kapitalismus und unsere Kämpfe bedeuten können.

Am Ende wird nur eine Gesellschaft, die nicht auf Markt und Profite Rücksicht nehmen muss, in der Lage sein, eine Pandemie, ihre Bekämpfung und die damit zusammenhängenden Probleme solidarisch anzugehen.

Abschließend wollen wir die Gelegenheit nutzen und an dieser Stelle die Delegation der Zapatistas grüßen, die vor kurzem Europa erreicht hat.

Die EZLN, die zapatistische Armee der nationalen Befreiung, hat vor wenigen Wochen Europa erreicht und sucht hier den Kontakt zu und Austausch mit anderen Befreiungsbwegungen und Kämpfen.

Die seit 1994 in und aus den Dschungeln Mexikos handelnde Guerilla verfolgt ein ähnliches Modell demokratischer, feministischer und ökologischer Befreiung, wie es die kurdische Bewegung mit dem demokratischen Konföderalismus geschaffen hat.

Das gemeinsame Ziel ist die befreite Gesellschaft und die wird weder erbettelt noch an der Wahlurne gewählt,

sie wird von uns gemeinsam erkämpft und aufgebaut!

In diesem Sinne:

Umverteilung ist nicht viel-

Sozialismus bleibt das Ziel!“

[Ursprüngliche Nachricht vom 16.08.2021]:

Am 21. August wird von Wer hat der gibt bundesweit unter dem Motto „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ zu einem Aktionstag aufgerufen. In Braunschweig wird es in diesem Zusammenhang eine Demonstration um 14 Uhr auf dem Schloßplatz geben. Wir unterstützen diese Demonstration und rufen dazu auf, sich daran zu beteiligen!

Hier gibt es den Aufruf zum Nachlesen:

„WIR KÖNNEN UNS DIE REICHEN NICHT MEHR LEISTEN – Unser Aufruf

Ein Anwesen auf den Bahamas, Bermudas oder auf Saint-Bathélemy? Soll ich meine Milliarden lieber nach Malta oder Luxemburg verschieben? Welche Lobbyorganisation schützt mein Vermögen am besten und soll ich meinen Anteil an Deutsche Wohnen verkaufen?

Kommt dir bekannt vor? Uns auch nicht!
Unsere Lebensrealität dreht sich nicht um Privatjets, Steueroasen und Machtsicherung. Reiche können sich solche Fragen stellen, weil wir für sie arbeiten gehen. Wir erwirtschaften ihr Vermögen in Fabriken und Büros, die ihnen gehören. Wir zahlen horrende Mieten in Wohnungen, mit denen sie ihren Besitz vergrößern. Bei Stange gehalten werden wir mit der Erzählung, dass wir alle den Aufstieg schaffen können, dass Leistung sich bezahlt macht; es käme nur auf dich selber an, auf deinen Fleiß und deine Disziplin. Und schon finden wir uns in dem Zwang wieder, für die Onkel-Dagobert-Fantasien Anderer zu ackern – um zu überleben.

Warum ist das so?
Erst kürzlich haben Wissenschaftler*innen mathematisch bewiesen, dass soziale Ungleichheit in unserem jetzigen – vermeintlich stabilen – Wirtschaftssystem unausweichlich ist. Selbst wenn am Anfang alle Menschen gleich reich wären, so würde sich das Vermögen innerhalb absehbarer Zeit auf sehr wenige Personen konzentrieren – ein globaler Vermögensfluss von riesigem Ausmaß. In Deutschland besitzen aktuell 45 Hyperreiche so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Anstatt dieser Realität entgegenzuwirken, bevorteilt die Politik Reiche: Vermögen werden nicht effektiv besteuert und Steuertrickser*innen geschützt. Die fehlenden Einnahmen werden bei der breiten Bevölkerung abgesahnt. Wir alle müssen mehr Steuern zahlen und leiden unter den Kürzungen der Ausgaben für das Gemeinwohl. Die Regeln im Kapitalismus-Game sind offensichtlich: immer von arm zu reich.
Die Konsequenzen treffen uns hart. In den Städten explodieren die Mieten, weil unser Zuhause nicht nur Wohnraum ist, sondern Anlageobjekt von Wohnungskonzernen und deren Aktionär*innen. So wandert ein wachsender Teil unseres Gehalts in die unbesteuerten Taschen einiger Weniger. Letztlich sehen wir dabei zu, wie sich unsere Viertel durch Verdrängung zunehmend in Rückzugsorte für Reiche verwandeln.
Auch mit der Klimakatastrophe stehen wir vor einer existenziellen Bedrohung bei der die soziale Ungleichheit ihr Übriges tut: Ein Großteil der deutschen CO2-Emissionen geht auf das Konto der Reichen, wie aktuelle Studien belegen. Während die Folgen der Erderhitzung wie Sturmfluten, Dürreperioden und Überschwemmungen vor allem die Ärmsten der Welt treffen, haben die Reichen genug Cash um sich dem Klimawandel problemlos anzupassen. Wenn das Ferienhaus auf Sylt untergeht, kann immer noch im Luxusanwesen im Alpenvorland entspannt werden. Anstatt der Klimakatastrophe mit effektiven Maßnahmen zu begegnen, handelt die Politik weiter im Interesse klimaschädlicher Konzerne und der Reichen. Sie schmückt sich mit Scheinlösungen – wie einem viel zu späten Kohleausstieg – und tritt damit die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen mit Füßen.
Zudem leiden besonders diejenigen von uns, die schon massive Benachteiligungen durch rassistische, sexistische oder andere Arten der Diskriminierung erfahren. Egal, ob an der Kasse oder auf dem Feld, ob als Fahrradkurier*in oder Reinigungskraft: Die Ausbeutung erweist sich dort besonders ergiebig, wo sie auf die Not gesellschaftlich Benachteiligter trifft. Da hilft auch kein Diversity-Anstrich.
Die Pandemie hat soziale Ungleichheiten weiter verstärkt. Menschen wurden an ihre Belastungsgrenzen getrieben und in Existenznot gebracht. Auf die größten Haufen wurde aber weiter geschissen: Das Vermögen der deutschen Milliardär*innen wuchs um 22%, das sind satte 100 Milliarden Euro. Klar ist auch, dass die kommende Regierung unter dem selbstauferlegten Zwang der Schuldenbremse auf Geldsuche gehen wird. Es ist zu befürchten, dass wir für die milliardenschwere Corona-Rechnung zahlen sollen. Entsprechende Vorstöße, beispielsweise Diskussionen über die Anhebung des Renteneintrittsalters sowie die Kürzung der Mütterrente, hat es schon gegeben. Aber da machen wir nicht mit. Wir lassen uns nicht länger ignorieren, denn:
Wir können uns die Reichen und ihren exzessiven Lebensstil nicht mehr leisten!
So wenig wie die Corona-Gesundheitskrise, ist die soziale Krise überwunden. Der Welt der Reichen, in der nur Wenige profitieren, stellen wir unsere Welt der Vielen entgegen: der Angestellten und Arbeiter*innen, der Prekären, der Migrant*innen, der Illegalisierten und Marginalisierten, der Queers, der Studierenden und Rentner*innen, der Be_hinderten, der Überflüssigen, der Freaks und Künstler*innen. Wir sind Klasse.

Holen wir uns, was uns zusteht – laut, schrill, bunt und wild!