Aktion: Wir arbeiten und zahlen nicht für eure Krise!

In den letzten Wochen wurden an mehreren Stellen in Braunschweig laminierte Plakate durch uns angebracht. Angeregt durch die Wut der Kolleg*innen in der Pflegebranche, ihrer Ausbeutung und dem Mittelfinger, der ihnen von Unternehmen und Politik ins Gesicht gestreckt wird, rufen wir dazu auf, sich über Branchen-, Gewerkschafts- und politische Grenzen hinweg zu organisieren, um der kommenden „Krisenbewältigung“ (also alles an Kosten auf unserem Rücken abzuwälzen und den Konzernen wieder Milliarden in den Rachen zu werfen, Militärausgaben weiter zu erhöhen und das ausgegebene Geld wieder bei uns einzusparen) gemeinsam und angemessen entgegenzutreten.

Den Text findet ihr weiter unten oder hier als pdf.

Was angemessen ist, zeigten unsere Kolleg*innen am 17.6. in Paris. Dort finden die Kämpfe um Ausbeutung in der Pfegebranche und die durch den Mord an George Floyd entstandene, internationale antirassistische Bewegung zusammen und gingen gemeinsam auf die Straße. Die Einsicht, dass ein System, dass auf Ausbeutung basiert, zwangsläufig unterdrückerisch agiert, hat die berechtigte Wut auf eben dieses System in Gestalt der uniformierten Knechte dieses Systems explodieren lassen. Über 40.000 Menschen beteiligten sich an den Aktionen (Video). Am gleichen Tag, der einen Aktionstag für die Kolleg*innen in der Pflege darstellte, beteiligten sich bundesweit in der BRD über 2.000 Menschen an verschiedenen Aktionen.

Hier wird deutlich, welche Sprengkraft unsere Kämpfe entwickeln können, wenn wir unsere Teilbereichskämpfe (Antifa, Black Lives Matter, Flüchtlingssolidarität, Umweltbewegungen, Mietenwahnsinn, CareBranche, Friedensinitiativen, Antikoloniale Initiativen, linke Gewerkschaftsströmungen, etc.) zusammen denken, sie zusammenführen, zusammen organisieren und dann zusammen führen- denn dass dieses System unseren Untergang bedeutet, wird jeden Tag deutlicher. Und es zeigt sich immer klarer, dass Veränderungen in unserem Sinne auf einem allein friedlichen Wege wohl nicht zu erreichen sind. Nicht weil wir es so wollen- sondern weil sie es einfach nicht zulassen.

Der Plakat-Text:

Wir arbeiten und zahlen nicht für eure Krise!
Die Folgen der Corona-Pandemie zeichnen sich ab und Staaten, Medien und Konzerne machen in der BRD und der ganzen Welt deutlich, wer die Last der kommenden Wirtschaftskrise tragen soll: wir.

Von Applaus wird keiner satt!
Für uns als Lohnabhängige gibt es je nach Branche Applaus, einen „Heldenstatus“ und die Bescheinigung der „Systemrelevanz“ – um uns danach dann in 12-Std-Schichten schuften zu lassen, wie es Arbeitsminister Heil von der SPD verordnet hat. Andere von  uns werden in Kurzarbeit geschickt oder gleich entlassen und  sollen sehen, wo sie bleiben. Gleichzeitig wird die Einführung der Grundrente mit Verweis auf die kommende Krise verschleppt.

Vergesellschaften statt Privatisieren!
Das gewinnorientierte Gesundheitswesen war bereits vor der Pandemie eine Katastrophe für Beschäftigte wie auch die  Patient*innen. Sich ständig verschlechternde Arbeitsbedingungen, bei nicht planbarer Freizeit, sofern vorhanden, und mieser Bezahlung gehen Hand in Hand mit zurückgehender Qualität von Behandlung und Pflege bei gleichzeitig sinkenden Leistungen der Krankenkassen und Zunahme von Zuzahlungen. Dagegen bekommen Konzerne Milliarden Euro, also von uns eingezogene Steuern, als Finanzhilfen hinterhergeworfen. Die Bonuszahlungen für deren Vorstände stehen trotz der Inanspruchnahme dieser Hilfen zu keiner Zeit zur Debatte. Auch die Ausgaben für die Kriegsvorbereitung werden nicht reduziert, sondern sogar noch massiv gesteigert. Diese massiven Ausgaben für Konzernhilfen und Kriegsmaterial von mehreren hundert Milliarden Euro werden irgendwo wieder eingespart werden müssen. Es wird so getan, als gäbe es zu den kommenden Einschnitten, die, wie alle anderen zuvor, wieder nur uns als Arbeitende, als Arme, als  Alleinerziehende oder als Hartz-IVBezieher*innen treffen sollen, keine andere Möglichkeit- aber das ist nicht richtig und liegt nur an uns, ob wir wieder deren Kröten schlucken wollen.

Aus Verschwörungsideologien werden Vernichtungsfantasien!
Unsere Kolleg*innen im Gesundheitswesen kämpfen bereits vor der Pandemie aber auch jetzt unter den eingeschränkten Möglichkeiten für bessere Arbeits- und somit auch Pflegebedingungen und werden dabei von Klatschern, den Medien und den Parteien noch immer weitestgehend ignoriert. Kein Wort darüber verlieren auch die selbsternannten „Rebellen“ der sogenannten „Hygiendemos“. Diese ergehen sich im Selbstmitleid des wohlgenährten deutschen Kleinbürgertums, das jetzt über Einschränkungen von Grundrechten jammert, die ihnen vorher auch schon scheißegal waren – auch und gerade, wenn es um die Rechte anderer ging. Ihnen geht es um das Ausbleiben gemeinsamer Besäufnisse oder dass es ihnen eine Belastung sei, beim Betreten von Geschäften einen Mundschutz zu tragen. Letztlich sind sie damit auch keine „Rebellen“, sondern stehen im Gleichklang mit großen Teilen aus Wirtschaft und Politik, die schneller Lockerungen beschließen, als die „Rebellen“ sie einfordern können. Andere wiederum reden von „finsteren Mächten“, die die Krise so geplant hätten und steuern, um ihre „Machenschaften“ durchzusetzen. Nicht zuletzt derartige irrationale Konstrukte bilden die Grundlage für antisemitische Hetze und haben ihren Anteil an den Morden von München, Charlottesville, Christchurch, Halle, Hanau, Celle und so viele mehr. In jedem Fall verschleiern diese Lügen die realen Verhältnisse, schonen die Profiteure und Strukturen dieser Ausbeutungsordnung und schwächen uns und unsere Kämpfe, wenn ein falscher Feind herbeihalluziniert wird. Gleichzeitig ignorieren diese selbsternannten „Grundgesetzverteidiger“ die Menschen, deren Recht auf Asyl täglich mit Tränengas, Knüppeln und scharfer Munition an den Grenzen und innerhalb Europas niedergemacht werden.

Jetzt klatscht´s, aber kein Beifall!
Tun wir uns also zusammen: als Beschäftigte aus Gesundheitsbranche, Erziehung, Einzelhandel, Logistik und
darüber hinaus. Zeigen wir, dass systemrelevant auch bedeuten kann, dass wir gemeinsam diktieren, dass dieses System so nicht bleiben kann und darf. Es schadet mehr und nützt nur wenigen die sich auf Kosten, Gesundheit und Leben vieler ein Leben in Luxus geben. Zeigen wir gemeinsam, wie es anders sein kann. Finden wir unsere Stimme wieder, entwickeln eine Sprache, die die Arschlöcher auch verstehen!

Organisieren, demonstrieren, streiken! Es ändert sich nur etwas, wenn wir sie dazu zwingen!