VW-Werk bei Izmir in der Türkei wird nicht gebaut!

Eine gute Nachricht erreichte uns dieser Tage zwischen all den Hiobsbotschaften: das von Volkswagen (VW) schon länger geplante Werk bei Izmir wird nun nicht gebaut. Nachdem es 2019 zu uns durchgedrungen war, dass VW weitere Geschäftsbeziehungen zum türkischen Faschismus mit einem Werk bei Izmir eingehen wollen würde, organisierten wir einige Aktionen bei VW-Financial und vor den Toren des Werks in Braunschweig sowie in der Autostadt Wolfsburg, um darauf aufmerksam zu machen. Bei einer weiteren Veranstaltung im Rahmen der gewerkschaftlich organisierten Gramsci-Tage konfrontierten wir den Betriebsratsvorsitzenden und Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei, Uwe Fritsch, mit den Plänen der Konzernspitze und wie sich der Betriebsrat als organisierter Teil der Belegschaft dazu verhält. Zu diesem Zeitpunkt betonte Fritsch die Position des Gesamtbetriebsrates, der den Bau eines Werks bei Izmir ablehne.

Protestaktion am 8. Januar 2020 vor dem Haupteingang des VW-Werks in Braunschweig
Protestaktion am 8. Januar 2020 vor dem Haupteingang des VW-Werks in Braunschweig

Nun wäre es wohl ein klein wenig überzogen, dass die Absage des Baus allein auf unsere Aktionen zurückzuführen wäre. Vielmehr ist der eingebrochene Absatz von Automobilen der Grund, den VW hierfür angibt. Eigentlich sei das Werk schon beschlossene Sache gewesen- entgegen dem gegenüber der Öffentlichkeit vermittelten Eindruck, dass man wegen des Kriegskurses des faschistischen Erdogan-Regimes hiervon Abstand nehme. Wir waren von Beginn an skeptisch, wie lange diese Begründung halten würde bzw. wann VW den Zeitpunkt gekommen gesehen hätte, dass das Thema niemanden mehr interessiere und der Bau hätte durchgezogen werden können.

Protestaktion in der VW-Autostadt in Wolfsburg
Protestaktion in der VW-Autostadt in Wolfsburg

Im Gedächtnis sollte auf jeden Fall hängen bleiben, dass VW keinerlei Hemmnisse hat, mit jedem Terrorsystem Geschäfte zu machen, wenn es nur genug Profit verspricht- weder die Verfolgung, Inhaftierung und Folterung hunderttausender Oppositioneller, Journalist*innen, die rassistische Diskriminierung von Kurd*innen, Alevit*innen und Jesid*innen, die Amnestie für Mörder, Faschisten und Vergewaltiger, die neoosmanischen Großmachtsphantasien und der ständig weiter eskalierende Kriegskurs gegen Kurdistan waren und sind für VW kein Hinderungsgrund für Geschäfte mit eben jenen Machthabern.

Karl Marx hat die verbrecherische Profitlogik schon früh auf den Punkt gebracht:

»Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.«
Karl Marx bezieht sich hier in einer Note auf den Funktionär der englischen Gewerkschaftsbewegung T. J. Dunning, der in seinem Buch »Trades‘ Unions and strikes: their philosophy and intention« (London 1860) diese Textpassage aus »The Quarterly Review« angeführt hatte (MEW, Bd. 23, S. 788, in MEGA² II/6, S. 680/681)

Es ist an uns, den Preis für Geschäfte mit autoritären Regimen in solche Höhen zu treiben, dass sie sich nicht mehr lohnen.

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