I can´t breathe! Solidarität mit den Militanten in den USA!

In den USA wurde am 25.05.2020 in Minneapolis ein weiterer Afroamerikaner von der Polizei ermordet. Der Name des Mannes war George Floyd, der durch den Nazipolizisten Derek Chauvin über 8 Minuten gewürgt wurde, bis Floyd erstickte. Ebenso beteiligt waren 3 weitere Beamte. Im Krankenhaus konnte dann nur noch der Tod des Mannes festgestellt werden. Das Verbrechen am hellichten Tag wurde von zahlreichen Menschen beobachtet und gefilmt. Sehr deutlich war immer wieder zu hören, dass Floyd, der bereits mit Handschellen fixiert war und keinerlei Widerstand leistete, keine Luft mehr bekam und um sein Leben flehte- es hat nichts genützt.

George Floyd, am 25.05.2020 von der Polizei in Minneapolis ermordet.

Auslöser für den Polizeieinsatz war angeblich, dass Floyd versuchte, mit einem gefälschten Geldschein Lebensmittel zu kaufen. Diese Tatsache allein spricht Bände über die Verhältnisse der (arbeitenden) Armen im reichsten Land der Welt. Zwar wurden die Täter alle sofort suspendiert- das ist aber erstmal normal Prozedere, wenn es einen Einsatz mit Todesfolge gab und bedeutet, gerade in den USA, einen Scheiß. Es brauchte dann auch mehrere Tage der militanten Straßenkämpfe, bis man sich gerade so durchringen konnte, gegen den Mörder wegen „Totschlags“ zu ermitteln. (Artikel in der Jungen Welt)

In der Folge der Veröffentlichung des Videos, seiner Verbreitung und der mangelhafte Aufklärungs- und Anklagewillen des Staates gegen die Mörder, explodierte die durch Rassismus, Polizeigewalt und die kapitalistische Krise verschärfte Stimmung- erst am Ort der Tat, dann wie Lauffeuer in immer mehr Städten in den gesamten USA. Mittlerweile gilt in über 40 Städten eine Ausgangssperre. In Minneapolis selbst flüchtete die Polizei aus ihrer belagerten Station, welche im Anschluss von den Militanten gestürmt und niedergebrannt wurde. (Artikel im Spiegel)

Video: Die Polizei flieht aus ihrem Revier in Minneapolis  

In Folge der Verbreitung des Widerstands gab es in den ganzen USA Angriffe auf Polizeistationen, Fahrzeuge und Einsatzkräfte. Doch es gibt auch Unterstützung für die Faschist*innen in Uniform. In Detroit haben Unbekannte aus einem fahrenden SUV heraus in die Proteste geschossen und dabei einen 19-jährigen Demonstranten ermordet. (Artikel im Kurier)

Wegen Protesten vor dem Weißen Haus in Washington floh der Kriegstreiber und Mordhetzer Donald Trump zwischenzeitlich in den Regierungsbunker. (Artikel im Spiegel)

Eine erste Autopsie von George Floyd sollte den Mord durch den Polizisten Derek Chauvin vertuschen, indem Ersticken als Todesursache ausgeschlossen werden sollte. Eine von den Angehörigen organisierte zweite Autopsie konnte das als Lüge entlarven und bestätigte den Tod durch Ersticken. (Artikel in der Zeit)

Es ist bemerkenswert, dass der Widerstand gegen den Polizeiterror durch Menschen aller Hautfarben getragen wird und sich nicht allein auf die afroamerikanische Community beschränkt. Auch Gewerkschaften solidarisieren sich mit den Kämpfen. So weigerten sich Busfahrer*innen, Polizeikräfte zu transportieren oder Gefangene in die Knäste zu fahren. (Artikel bei LabourNet)

Mitglieder der Black Panther Party for Self Defense, Ende der 1960er Jahre

Die Geschichte von Aufständen in den USA gegen den alltäglichen rassistischen und mörderischen Polizeiterror ist lang und der Mord an George Floyd ist leider nur das jüngste Beispiel. So wurde erst vor kurzem in Louisville, Kentucky die Afroamerikanerin Breonna Taylor in ihrer Wohnung von der Polizei ermordet. (Artikel in der TZ)

Aber das Bewusstsein in breiten Teilen der Bevölkerung für notwendige Veränderungen wächst und drückt sich mehr und mehr in der konkreten Solidarität im Alltag und auf der Straße aus. Dabei soll nicht unterschlagen werden, dass bei der räumlichen und sozialen Ausbreitung der Kämpfe natürlich auch die durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie losgetretene kapitalistische Krise ihren gewichtigen Anteil haben, dass viele Menschen sich jetzt den Protesten anschließen. Viele Menschen, die zu den mittlerweile 41 Millionen Erwerbslosen gehören, keine Krankenversicherung haben, zwangsgeräumt werden oder anderweitig, zu Recht, von dem Scheißsystem angefressen sind, nutzen die jetzige Situation für ihre Wut auf die Knechte dieses Systems. Dazu gehört auch, dass sich nun manche das eine oder andere bei Plünderungen greifen, was ihnen durch die Werbung unter die Nase gerieben wird und auf legalem Wege unerreichbar bliebe.

Aber auch Faschisten mischen sich unter die Militanten und versuchen ihren Teil dazu beizutragen, die Kämpfe zu diskreditieren. So greifen sie gezielt Geschäfte, die von Afroamerikaner*innen betrieben werden, an. Bisher waren die Kämpfe sehr zielgerichtet und hatten derartige Läden weitestgehend verschont. (Artikel der Tagesschau)

Youtube-Video: Vermutlicher Provokateur wird von Demonstrant*innen zur Rede gestellt

Nicht unterschlagen werden sollen aber auch die, vereinzelten, Solidaritätsbekundungen von Polizist*innen mit den Demonstrant*innen bis hin zu Kündigungen dieser Söldnertätigkeit. [Artikel in der Welt]

Zur Komplettierung derartiger Bilder in den Medien gehört ebenso, dass manche Polizeieinheiten die Solidaritätsgesten benutzen, um die Demonstrant*innen zu verwirren, hereinzulegen und ihnen eine Falle zu stellen.

Screenshots: Berichte auf Twitter, dass die Polizei erst gekniet hat, um dann kurze Zeit später die Demonstrant*innen anzugreifen.

In dieser unübersichtlichen Lage wurden nun in mehreren Städten Polizist*innen angeschossen (Artikel bei n-tv). Es ist durchaus möglich, dass Teile der Bewegung in der Dynamik der Ereignisse den Schritt zu bewaffneten Angriffen gehen und zurückschießen wollen – wie verantwortlich das in dieser Situation ist, wollen wir hier von unserem Sofa aus nicht beurteilen, dazu haben wir kein Recht. Ebenso wäre es aber auch möglich, dass es „Friendly Fire“ durch andere Polizeikräfte war oder eben False-Flag-Aktionen durch Faschist*innen, um es den Gegenprotesten zuzuschieben und eine weitere Eskalation (bspw. der Einsatz des Militärs) durch die staatlichen Ordnungskräfte gegen die Demonstrant*innen zu provozieren.

Ein weiteres Todesopfer des US-Staatsterrors gegen die Proteste ist der Afroamerikaner David McAtee. Sein toter Körper lag über 12 Stunden auf der Straße. (Artikel in der Zeit)

Zu vermerken ist eine generelle Zunahme des Einsatzes von Schußwaffen durch die Polizei. Hinzu kommen Berichte über „Schußwechsel“ bzw. Angriffe mit Schußwaffen, deren Urheber*in nicht bekannt sind. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich hierbei um bewaffnete Faschist*innen handelt, die auch in den USA mit Samthandschuhen angefasst werden. Wie selbstverständlich können sie sich schwerbewaffnet und ungehindert von der Polizei durch die Straßen bewegen.

Youtube-Video: In Chicago wurde ein schwer bewaffneter Mann ohne Konsequenzen von der Polizei weggeschickt, nachdem er zuvor schwarze Demonstrant*innen bedrohte

Mittlerweile sind im Verlauf der Kämpfe auch zahlreiche Journalist*innen von der Polizei bedroht und angegriffen worden. Es ist offensichtlich, dass diese Angriffe gezielt waren und sind, denn die Presse ist auch als solche gekennzeichnet. Die Polizei versucht so, Bilder über ihre „Methoden“ zu unterdrücken und produziert nur noch mehr davon. (Artikel bei Netzpolitik)

Auch wenn der US-Imperialismus bemüht ist, die Aufstände durch den Einsatz der militärischen Nationalgarde und der Armee niederzuschlagen, ist offen, ob das erfolgreich sein wird oder noch mehr Öl ins Feuer gießt. (Artikel im Spiegel) Die Gründe, die zu diesem Aufstand geführt haben, werden auch „danach“ noch da sein. Die Strukturen, die den Polizeiterror hervorbringen, werden nach wie vor da sein. Die Gründe, auf die Straße zu gehen, um sich Gehör zu verschaffen, werden nicht verschwunden sein.

Kein Fazit ohne Selbstkritik

Das Schweigen „unserer“ Regierung, von Politiker*innen und Parteien und das Ausbleiben jeder Verurteilung zu dem, was auf den Straßen der USA passiert, spricht Bände. Es zeigt sich umso deutlicher, wenn wir uns vor Augen führen, dass sonst jede in Russland, China, Iran oder mit welchem Staat die „westliche Wertegemeinschaft“ gerade sonst so im Clinch liegt, niedergeknüppelte Groß- oder auch Minidemo für entsprechende Berichte, Verurteilungen und Sanktionen instrumentalisiert wird. Dass es nie um Menschenrechte, Freiheit und Wohlstand für alle ging und geht, wenn die Politiker*innen diese Worte ins Feld führen, beweist ihr jetziges Schweigen. Es ist einmal mehr Beweis genug, dass wir uns hier unten nur auf uns verlassen können.

Ausgebrannte Polizeiautos in Los Angeles

Den Menschen auf den Straßen der USA, unseren Kolleg*innen, Freund*innen und Genoss*innen wünschen wir an dieser Stelle viel Erfolg und alles Gute! Eure Wut, euer Mut und eure Entschlossenheit sollen uns ein inspirierendes Beispiel sein!

Auch hier, in Europa und der BRD müssen wir uns in die Lage versetzen und die Voraussetzungen schaffen, um dem alltäglichen Terror von bewaffneten Faschist*innen, mit und ohne Uniform, etwas entgegenzusetzen, was der Situation auch angemessen ist und die Ebene des Symbolischen verlässt. Viel zu viel passiert im Verborgenen, weil wir nichts voneinander wissen, weil wir entlang rassistischer und nationalistischer Linien geteilt und isoliert sind. Wenn sich in Räumen, die sich als antifaschistisch, antirassistisch, feministisch, linksradikal oder wie auch immer dann mehrheitlich akademische, weiße und männliche Personen wiederfinden, dann ist das ein Problem. Wenn uns zu den Naziattentaten in Halle oder Hanau nur Schweigekundgebungen einfallen, dann ist das ein Problem. Es muss darum gehen, Formen der Organisierung zu entwickeln, deren dringendster Anspruch es ist, sowohl unsere Fragmentierung als auch Isolierung zu überwinden und über unsere bisherigen Zusammenhänge hinaus wirken zu können und die Zusammenarbeit mit anderen zu suchen. Die jetzige Situation ist nur eine weitere, auf die die (deutsche) Linke keine Antworten geben kann, weil sie sich in ihrer Szene vom Rest der Gesellschaft abgrenzt anstatt in einer Bewegung auf ihre Veränderung hinzuwirken. Erst wenn wir diese ungerechtfertigte Arroganz überwunden haben, verfügen wir über eine Ausgangslage, von der aus wir eine soziale und politische Entwicklung angehen können, die dann selbst erst überhaupt die Voraussetzungen darstellen kann, auf der Höhe der gesellschaftlichen Entwicklungen handlungsfähig zu sein und Antworten zu liefern. Rassistische und andere Polizeimorde passieren auch hier und brauchen eine deutliche Antwort.

Auch hier gibt es genug Gründe

Oury Jalloh ist hier das wohl bekannteste Beispiel des institutionalisierten rassistischen Systems in der BRD, das schon längst entsprechende Antworten wie in den USA verdient hätte.

Auch der vermeintliche „Selbstmord“ des Syrers Amad A. und der mangelnde Aufklärungswillen der Behörden zeugen davon, dass in diesem System entlang der Selektion durch Herkunft und Hautfarbe Menschen ermordet werden. Dabei ist es irrelevant, ob sich Amad A. durch Polizei oder Wachpersonal ermordet wurde oder sich tatsächlich, aus Verzweiflung darüber, ohne jedes Vergehen lange Zeit im Gefängnis zu verschwinden, selbst in Brand setzte: in jedem Fall ist sein Tod das Ergebnis einer mörderischen Systematik. Einer Systematik, die auch gesetzlich geregelt ist. (Artikel in der Zeit)

Die zunehmende Aufdeckung oder Selbstenttarnung von Zusammenschlüssen faschistischer Polizist*innen und Armeeangehörigen unterschiedlichster Einheiten und Angehörigen von Verfassungsschutz oder Bundesnachrichtendienst sind auch nur die bekanntgewordene Spitze des Eisbergs. Unvergessen sind die Verflechtungen von Polizei, Verfassungsschutz und Faschisten über die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU), die jahrelang, ungestört durch die Polizei, mordend durch die BRD ziehen konnte. Als sie aufflog, begann man beim Verfassungsschutz massenhaft Akten zu schreddern die das Mitwissen bzw. die Mittäterschaft des Geheimdienstes zum Inhalt hatten. Bisher gesprochene Urteile, seien es die zum NSU oder die zum Terrornetzwerk „Nordkreuz“ zeigen auch, dass die Justiz die Gefahr entweder ignoriert oder potentielle faschistische Terrorgruppen bewusst mit Samthandschuhen angefasst werden. (Artikel beim NDR)

Derek Chauvin, der Mörder von George Floyd, trägt ein Cap mit der Aufschrift „make whites great again“

Auch der Mörder von George Floyd ist ein Anhänger der rassistischen „White Supremacists“ in den USA, wie er auch gerne zur Schau stellt. Der Täter Derek Chauvin war bereits zuvor mehrfach an der Ermordung von Menschen beteiligt. Dies sollte man immer vor Augen haben, zu was Nazis und andere Rassisten mit den Befugnissen des Polizeiamtes in der Lage und Willens sind, wenn sie gefahrlos und gedeckt durch das Gesetz, Menschen schikanieren, demütigen, schlagen, mißhandeln, vergewaltigen, foltern und auch ermorden dürfen. (Artikel im Lower Class Mag)

Auch hier in der BRD und in ganz Europa bereiten sich die Herrschenden mit dem Aushöhlen bürgerlicher Grundrechte, dem Ausweiten von Polizeibefugnissen bis hin zu Tolerierung oder Bildung faschistischer Terrornetzwerke darauf vor, dass die zum Kapitalismus gehörenden Krisen auch hier mehr Menschen auf die Straße treiben. Mit Zunahme der Verschärfungen in Form von Zwangsräumungen, Verschuldung, Erwerbslosigkeit, Armut (trotz Maloche) und der Einsicht, dass man von antisemitischem Verschwörungsblödsinn, nationalem Stolz und rassistischer Hetze die Miete nicht bezahlen oder den Kühlschrank vollkriegen kann, werden sich auch hier die Menschen über die künstlichen Grenzen von Herkunft und Hautfarbe hinweg wieder gemeinsam organisieren und kämpfen. Und dafür müssen wir von hier nicht erst in die USA schauen. In Frankreich finden seit Jahrzehnten entschiedene Kämpfe wegen mörderischer Verfolgungsjagden der Polizei oder auch erfolgreich gegen Verschlechterungen durch sogenannte Renten- oder Arbeitsmarktreformen statt.

Längst werden wir hier darauf vorbereitet und kriegen es auch vorgeführt, dass auch die durch die Corona-Pandemie verschärfte Krise wieder bedeutet, dass Konzerne mit Milliarden in Form von günstigen Krediten oder Kaufprämien unterstützt werden, während gleichzeitig Arbeiter*innen in die Erwerbslosigkeit geworfen werden, das Sozialsystem weiter geschliffen wird, die Grundrente aufgeschoben und auch sonst munter weiter von unten nach oben verteilt wird. Oben drauf werden weitere Milliarden investiert, damit die BRD in Zukunft auch bei einem Atomkrieg munter mitmachen kann. (Artikel in der Süddeutschen Zeitung)

Die Rolle, die die herrschende Klasse uns in ihren stetigen Konflikten um Rohstoffe, Einfluss, Macht und Märkte zugedacht hat ist klar: malochen, konsumieren, fresse halten, töten und sich umbringen lassen.

Nehmen wir uns also an den Kämpfen in den USA ein Beispiel. Auch hier gibt es genug Gründe.

Ein Demonstrant in Atlanta steht mit einem eroberten Polizeischild auf einem brennenden Polizeiauto

Im Gedenken an Breonna Taylor, George Floyd und allen anderen, die durch den Terror von Polizei und anderen Faschist*innen in den USA ermordet wurden!

Im Gedenken an Oury Jalloh und Amad Ahmad und allen anderen, die durch den Terror von Polizei und anderen Faschist*innen in der BRD ermordet wurden!

Im Gedenken an alle, die durch Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus, Sexismus und Imperialismus umgekommen sind!

Im Gedenken an all jene, die im Kampf gegen diese Zustände ermordet wurden und gefallen sind!

Eine andere Welt ist möglich und nötig!

 

Braunschweig, 02.06.2020